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Warum interkulturelle Kommunikation für die Arbeit auf hoher See so wichtig ist

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Entscheidend für das Leben und Arbeiten an Bord eines Schiffes sind reibungslose Verständigung und Kommunikation. Das ist nicht immer ganz einfach: Immerhin arbeiten Menschen vielerlei Herkunft und Nationalität auf Schiffen und für die jeweiligen Reedereien. Wie verständigen sie sich? Nicht nur unter Offizieren und Besatzung, die auf einem Schiff zusammenarbeiten, muss die Kommunikation unbedingt klappen, sondern auch bei der Abstimmung mit dem Management an Land oder zwischen einzelnen Schiffen. Gelingt das nicht, läuft die straff organisierte Befehlsstruktur an Bord ins Leere – und ein Schiff fährt im schlimmsten Fall nicht mehr sicher.

Moderne technische Errungenschaften – Funkgeräte, Handys, Internet-Telefon, maritime Informations- und Kommunikationssysteme – helfen hier allein nicht weiter. Auch das Beherrschen der modernen „Seefahrersprache“ gehört dazu. Doch aus eigener Erfahrung wissen wir: Englisch ist nicht gleich Englisch. Als international gebräuchliche Verkehrssprache hat sie in jeder Kultur und Ethnie, in der sie genutzt wird, eigene Ausdrucksformen, Idiome und Aussprachen entwickelt – etwa das jamaikanische Patois, das indische Englisch oder das Filipino- English. Werden, wie bei letztgenannter Variante, die Labiale f, w und v wie p und b ausgesprochen, so dass maritime Begriffe wie fork lift, fender oder aft zu „pork lift“, „pender“ oder „apt“ werden, sind insbesondere nicht ganz sprachsichere Adressaten schnell verwirrt. Hinzu kommen Begriffe wie „open the light“ (für Licht anmachen) oder „brownout“ für Stromausfall – und man fragt sich bald, wie die Abläufe auf unseren Schiffen so reibungslos funktionieren könnten.

Wird man dann erst mit dem Phänomen des „Filipino Yes“ konfrontiert, wird deutlich, dass effiziente und zielführende Verständigung nicht allein eine Frage des technischen Equipments oder der Sprachkenntnisse ist, sondern der interkulturellen Verständigung. Da Filipinos direkte Konfrontation ablehnen und Offenheit für unhöflich halten, würden sie die Aufforderung eine Aufgabe zu erfüllen oder einen Termin einzuhalten, immer mit „Yes“ beantworten – den Job aber möglicherweise nicht erfüllen oder den Termin einfach verstreichen lassen. Das „Ja“ kann hier also auf einer Skala von „Nein“ bis „Vielleicht“ alles mögliche bedeuten – vorab erkennbar allenfalls an der Körpersprache.

Unterschiedliche Wahrnehmung

Für große Reedereien wie die Hamburger Peter Döhle Schiffahrts-KG gehören Fragen der interkulturellen Kommunikation zu den täglichen Herausforderungen. Das Schiffahrtsunternehmen, das die kommerzielle Verantwortung für etwa 450 Container-, Multipurpose- und Massengutschiffe hat, verfügt über mehr 50 Jahre Erfahrung damit, diese zu bemannen und für einen reibungslosen Ablauf an Bord zu sorgen.

Döhle hat erkannt, wie wichtig das Verständnis kultureller Besonderheiten und Empfindlichkeiten der Crew für effizientes Arbeiten ist. Das Unternehmen bietet seinen Mitarbeitern dazu seit geraumer Zeit Seminare und Fortbildungen an, die u.a. von interact! durchgeführt werden. Interact!-Inhaberin Hansen begleitet mit ihrer Expertise in Fragen interkultureller Kommunikation Inspektorenseminare, hält Vorträge oder bietet Workshops an. Ein mehrtägiger interact!-Workshop in Manila mit dem Titel „Intercultural Training – The Philippines“ – organisiert für Mitarbeiter aus Crewing und Crewtrai- ning, HR und Buchhaltung – hatte etwa die unterschiedliche Wahrnehmung von Qualität, Zeit, Hierarchie, Werten, Verhaltensnormen, Respektbezeugung und Etikette zum Thema. In solchen Workshops werden die Teilnehmer für Chancen und Probleme kultureller Teamarbeit sensibilisiert. Sie erarbeiten gemeinsam Strategien, wie sie gerade die Verschiedenartigkeit ihres Teams gewinnbringend nutzen können. Dabei wird besonderes Gewicht auf die individuellen beruflichen Anforderungen gelegt. Ziel ist das Durchlaufen aller Stufen von kultureller Kompetenz – von „mein Weg ist der einzig richtige“ bis hin zu „unser gemeinsamer Weg“.
Auf diesem Weg begleiten Aktivitäten wie „Peaches and Coconuts“, bei der Teilnehmer zunächst die Früchte beschreiben und sich dann selbst einer Gruppe zuordnen müssen, um herauszufinden, wie man erfolgreich miteinander kooperieren kann, oder ein gemeinsames Konstruktions-Projekt wie die „Eierfallmaschine“. Es werden auch persönliche Erfahrungen mit Missverständnissen und „Fettnäpfchen“ diskutiert. Das schafft ein Bewusstsein für die eigenen kulturellen Eigenheiten und die der anderen. Wichtige Regeln werden abschließend gemeinsam festgehalten – hier etwa: „Vertraute Verhaltensweisen können in anderen Kulturen andere Bedeutungen haben“ (Kopfschütteln, Ja-Sagen) und „Geh nicht selbstverständlich davon aus, dass das, was Du gemeint hast, auch so verstanden wurde bzw. das, was Du verstanden hast, gemeint war.“
Das Fazit einer philippinischen Teilnehmerin am Ende eines interact!-Workshops: „With a better understanding of the cultural differences after this training we are now confident to carry out our tasks in an efficient and effective manner.“ Sobald man verstanden hat, dass hinter dem „Filipino Yes“ nicht Faulheit steckt, sondern der Wunsch, Erwartungen gerecht zu werden und sie nicht zu enttäuschen, sind nur ein paar ergänzende Worte notwendig, um die Situation zu klären.

Ein Text von Kerstin Hansen, www.interact-experts.com

Tipps:

  • languages.dk bietet Tools, Schulungsunterlagen und Kurse rund um die Sprachlehre
  • Die RK Marine Kiel ist Reservistenkameradschaft des Reservistenverbandes (VdRBw), die mit ihrer Flotte seit Mitte der siebziger Jahre auf der Kieler
    Förde und darüber hinaus in deutschen sowie dänischen Häfen und Gewässern bekannt ist und derzeit über sechs Boote verfügt. Die RK gibt aktiven Soldaten und Reservisten die Möglichkeit, die Kameradschaft zu pflegen und die maritimen Kenntnisse über Lehrgänge für aktive Soldaten und die Mitglieder zu erweitern. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Öffentlichkeitsarbeit für die Bundeswehr und den Reservistenverband (VdRBw). Weitere Infos unter www.rk-marine-kiel.de.
  • Jobs in der Kreuzfahrtbranche finden Sie unter www.allcruisejobs.de

Bild: Image courtesy of jscreationzs / FreeDigitalPhotos.net

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